Auslegungsfrage

Gut dastehen will gelernt sein - so tun als ob, noch mehr

Die Deutungshoheit von Wahlumfragen und -ergebnissen hat immer etwas sehr seltsames an sich. Am Wahlabend fühlen sich immer fast alle als Gewinner der Wahl, aber es gibt nur einen Wahlsieger. Die eine Partei ist der eigentliche Gewinner der Wahl, weil sie die wenigsten Verluste hat. Die andere kann trotz hoher Verluste immer noch Wahlsieger sein. Koaliert aber dann niemand mit dem Wahlsieger, ist er am Ende doch noch der Verlierer.

Das alles mag unverständlich klingen, ist aber am Ende nur Zeugnis politischen Unvermögens, auch mal eine Niederlage einzugestehen. Toppen kann das in Thüringen eigentlich nur noch die SPD.
Vor einigen Monaten hatte SPD-Landesvorsitzender Matschie, damals sich selbst designierender Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl 2014, großspurig als Wahlziel ausgegeben, stärkste Partei in Thüringen zu werden und er damit Ministerpräsident. Das war aber sogar den eignen Mitglieder zu starker Tobak. Schnell machte man ihn, dem Außendruck der Presse nachgebend, mundtot und benannte Frau Taubert als Spitzenkandidatin.

Nun muss diese dem Orakel folgen und hat das Problem der Deutung. Mit den derzeit prognostizierten 17% ist die SPD weit davon entfernt, stärkste Partei zu werden. Um es genau zu sagen, 22% und damit mehr, als man überhaupt Stimmen hat. Denn die CDU liegt bei 38% und auch die zweitplazierte LINKE ist mit 28% außerhalb der Reichweite der SPD. Aus diesem Grund versucht sich Frau Taubert und kommt zu dem Ergebnis, "dass ohne ihre Partei keine Landesregierung möglich sei. Sie strebe weiterhin ein Ergebnis an, ’das uns ermöglicht, die Ministerpräsidentin zu stellen’ ". Ihr Streben in allen Ehren, aber das ist wohl ein wenig realitätsfremd. Damit buhlt sie noch um ein oder zwei Prozent der Stimmen. Aber mehr wird das nicht.
Bedenklicher stimmt mich da der erste Teil ihrer Aussage, ohne ihre Partei sei keine Landesregierung möglich. Liebe Frau Taubert, dass liegt aber nun wirklich weniger an der SPD, sondern vordergründig an der LINKEN. Denn auch diese hat 2 Optionen, schließt aber eine Koalition mit der CDU vollkommen aus. Im Gegensatz zur SPD.

Scheinbar schwebt auch Frau Taubert in höheren Sphären, statt bei den Menschen unten. Sie muss bei ihrem Besuch im Kyffhäuserkreis letztens ihrer SPD-Landrätin wenig zugehört haben. Auch hier hatte die LINKE 2 Optionen, die CDU als stärkste Partei im Kreistag machte der LINKEN als zweitstärkste (un)heimlich(e) Heiratsanträge. Dennoch hat sich die LINKE für die politisch näherstehende SPD, drittstärkste im Kreistag, entschieden. Und das ohne die "Erpressung", man habe ja noch eine andere Option. Wir haben uns offen und ehrlich gegenseitig für diese Zusammenarbeit entschieden. Aber irgendwann wird auch die SPD auf Landesebene mitbekommen, dass gerade die Offenhaltung der Option einer Koalition mit der CDU einen großen Anteil daran hat, dass die SPD derzeit nur bei 17% steht. Und die sind einfach ein grottenschlechtes Ergebnis, Frau Taubert. Das kann man deuten, wie man will.


16.03.2014 / Torsten Blümel